Ich bin Deutsch! – C.
Das erste Gespräch für mein Projekt habe ich Anfang November mit C. bei mir Zuhause geführt.
Sie hat mich gebeten, ihren Namen nicht auszuschreiben, daran halte ich mich natürlich.
C. ist in Deutschland geboren, lebt im Landkreis Karlsruhe, ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater ist Inder.
Martin: Was ist denn für dich typisch Deutsch?
C. : Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten ohne in die Schublade zu greifen. Mir fallen da spontan folgende Eigenschaften ein: Pünktlichkeit, Pflichtbewusstsein und Zuverlässigkeit. Oder auch das Ideal eines geregelten Lebens: Man geht in die Schule, macht eine Ausbildung, ergreift einen guten Beruf um sein eigenes Leben gestalten, und schnell auf eigenen Beinen stehen zu können.
Wie viele andere Deutsche auch mag ich Weihnachten sehr gerne, das gemütliche und besinnliche Zusammensein im Kreise der Familie. Ich bin froh und glücklich in einem Land wie Deutschland zuhause zu sein. Ja, ich bin Deutsch!
Martin: Hattest Du schon die Situation, dass dein Aussehen, deine Hautfarbe dich vielleicht benachteiligt hat?
C. : Ja! Als ich mich nach meiner Ausbildung beworben habe, wünschte ich mir oftmals ich wäre blond. Ich bin mir sicher, dass mein Bild in den Bewerbungsunterlagen einen Einfluß darauf hatte, bei vielen Firmen nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. An meinen Leistungen kann es jedenfalls nicht gelegen haben, so viele Bewerbungen schreiben zu müssen.
Martin: Hast du aufgrund deines Aussehens auch schon Vorteile gehabt?
C. : Naja, wenn ich mit meinen Freundinnen abends weggehe, dann bekommen wir meistens etwas spendiert, oder haben es leichter „hineinzukommen“. Ich glaube das liegt an meinem Aussehen, da es immer Männer mit meiner Hautfarbe oder einem sichtbaren Migrationshintergrund sind, die uns etwas spendieren.
Martin: Nun zu der schwierigen Frage, ob du schon Negatives aufgrund deines Aussehens, deiner Hautfarbe erfahren hast?
C. : Ja, habe ich erst vor Kurzem: Ich war in meiner Mittagspause in der Fußgängerzone unterwegs und hatte Mittagessen für mich und meine Kollegen besorgt. Plötzlich wurde ich aus einem Auto heraus von einer älteren Frau mit „Drecksausländer“ beschimpft und angespuckt. Einige Passanten haben das mitbekommen, mich getröstet und in den Arm genommen. Ich war hinterher fix und fertig und saß minutenlang zitternd in meinem Auto.
Auch wenn ich viel Zuspruch und Trost, auch von älteren Passanten erhalten habe, hat sich meine Sichtweise auf ältere Menschen etwas verändert. Diese nicht schöne Erfahrung hat etwas mir gemacht. Ich gehe seitdem mit einem anderen Blick durch sie Stadt, ohne jedoch ältere Menschen generell in eine Schublade zu stecken.
Martin: Verknüpfst du mit deinem Outing hier im Projekt eine Erwartungshaltung?
C. : Ja, definitiv! Andere Menschen mit meinem Hintergrund, meiner Hautfarbe sollen auf dieses Projekt, oder auch auf andere Projekte mit demselben Ziel, aufmerksam werden, mitmachen, sich zeigen und keine Angst haben, sich wegen ihres Aussehens, ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft zu verstecken.
Von Menschen, wie der älteren Frau, die mich beschimpft und angespuckt hat, wünsche ich mir ein Umdenken wenn sie einen Menschen sehen, der nicht in ihr Weltbild passt.
Martin: Vielen Dank für dein Vertrauen, für das Gespräch und die Teilnahme an meinem Projekt.